Stellvertretender Vorsitzender der Harsewinkeler Werbegemeinschaft schreibt Brandbrief an Landes- und Bundespolitik

Situation im Einzelhandel – Angst macht sich breit

In Anbetracht der durch den Lockdown verursachten prekären Lage für örtliche Einzelhändler, Gastronomen und Dienstleister in Harsewinkel, Marienfeld und Greffen hat sich Bernhard Brockmann, stellvertretender Vorsitzender der Harsewinkeler Werbegemeinschaft, mit einem Brandbrief an Ralph Brinkhaus und weitere verantwortliche Personen der Landes- und Bundespolitik gewandt. Ralph Brinkhaus ist seit 2009 Mitglied des Deutschen Bundestages sowie seit September 2018 Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und er wuchs in Rietberg/Mastholte auf.

Bernhard Brockmann macht in seinem Brief deutlich, dass es bereits „fünf nach zwölf“ ist und ortsansässigen Einzelhändlern, Gastronomen, Friseuren, Sportstudios und Co. dringend eine Perspektive aufgezeigt werden muss und die Politik die „Kleinen“ nicht im Stich lassen darf.

Der Brief von Bernhard Brockmann im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Brinkhaus,

ich schreibe heute aus aktuellem Anlass und in meiner Funktion als stellvertretender Vorsitzender der Harsewinkeler Werbegemeinschaft und betroffener Einzelhändler.

Mir ist völlig klar, dass im Moment sicherlich viele Beschwerden ankommen oder Leid geklagt wird. Allerdings muss ich dies aus persönlicher Betroffenheit als auch als Repräsentant von Geschäftsleuten in Harsewinkel gerade als unerheblich betrachten. Gleichwohl komme ich auch direkt zur Sache und möchte darauf hinweisen, dass es nicht mehr fünf vor zwölf ist, sondern vielmehr bereits fünf NACH zwölf.  

Wir tragen alle die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie mit! Dies möchte ich an dieser Stelle sehr betonen! Es wurden Hygiene-Konzepte erarbeitet und wir haben uns als Kaufmannschaft vieles einfallen lassen, um die Bekämpfung dieses verdammten Virus mit der Einhaltung der Vorgaben von oben zu unterstützen. Auch spricht nichts gegen einen Lockdown, den wir übrigens auch als notwendig erachten.

Was aber dagegen spricht ist, wie die Politik damit umgeht bzw. wie sie Maßnahmen ergreift. Wie soll denn der stationäre Einzelhandel überleben, wenn große Lebensmittelmärkte auch „unsere“ Waren ins Sortiment nehmen?! Beispielsweise erhält man im Marktkauf in Gütersloh alles, was man möchte: Koffer, Handtücher, Decken, Kleidung usw. Was hat das bitteschön mit dem täglichen Bedarf zum Leben zu tun?! Natürlich muss die Lebensmittelversorgung gesichert sein, aber die Politik schafft hier mit der lapidaren Vorgehensweise eine erdrückende Konkurrenz, gegen die ein Kleiner niemals ankommen kann!

Wie denn auch??? Die Geschäfte sind geschlossen, mit großem Aufwand werden telefonische Bestellungen entgegengenommen und dem Kunden nach Absprache vor dem Geschäft quasi vor die Füße geworfen, um persönlichen Kontakt zu vermeiden. Das alles tragen wir gerne mit: für unsere treuen Kunden und natürlich, damit wir eine Perspektive haben!

Die großen Händler und Ketten graben mit ihrem Vorgehen dem Einzelhändler aber wortwörtlich das Wasser ab. Vom Internethandel wollen wir hier nicht mal groß sprechen, wobei hier erschwerend hinzukommt, dass in diesem Land nicht mal die Steuern dafür gezahlt werden! Steuern, die aber dringend für die Genesung der Wirtschaft benötigt werden!

In dem Zusammenhang möchte ich auch direkt darauf hinweisen, dass wir Einzelhändler es sind, die vor Ort die Vereine und gemeinnützige Organisationen unterstützen durch Spenden, neue Trikots usw.! Von den großen Filialisten und Vollsortimentern kenne ich das nicht – vielleicht habe ich es aber auch nur nicht gesehen?!

Meine Frage nun ganz direkt: Wie stellt sich die Politik hier vor, wenigstens ein bisschen Gerechtigkeit im Handel zu schaffen? Wie wird es für uns Einzelhändler weitergehen? Wo soll das Geschäftssterben durch den Lockdown verhindert werden?

Hierzu eine ganz pragmatische und vielleicht ketzerische Frage: Wer kommt denn bitte auf die Idee, die Förderung um den getätigten Umsatz zu kürzen? Umsatz ist doch nicht gleich Ertrag! Beispiel: wenn ich z. B. eine Kamera für 500,- € verkaufe, habe ich einen Umsatz in der Kasse von 500,- € ABER nur einen Ertrag von 30,- € der mir bleibt. 30,- € um davon Miete, Strom und Mitarbeiter zu bezahlen! In den Förderprogrammen werden beispielsweise die monatlichen Fixkosten übernommen, was schon mal sehr hilft – was ist aber mit dem Unternehmerlohn? Ich kann keine Kurzarbeit beantragen, aber man möchte die Miete für meine Wohnung, Wassergeld, Lebensmittel usw. von mir haben. Wovon soll ich das bezahlen?

Wird denn eigentlich nicht zugehört? In vielen Gesprächen mit Geschäftskollegen und auch mit den Kunden wird mir dies gesagt. Überall wächst der Verdruss, aber ist das nicht die logische Konsequenz, weil diverse Dinge und Entscheidungen einfach nicht mehr nachvollzogen werden können?

Dauernd höre ich „gucke gar keine Talkshows mehr, weil da nur an der Realität vorbeigeredet wird“.

Warum ist die Politik so fernab der Menschen und den tatsächlichen Problemen? Es geht hier ganz klar um Existenzen und die fehlenden Perspektiven! Wie soll man denn weitermachen und sich motivieren, wenn man nicht mal weiß, wie es alleine finanziell weitergehen soll? Wenn man nicht weiß, wie man Vermieter, Mitarbeiter, Lebensmittelkosten und evtl. Kredite bedienen soll?

Sehr viele sind wortwörtlich am Anschlag.  

Mein eindringlicher Appell, damit nach dem Lockdown und einer hoffentlich eintretenden Entspannung der Lage überhaupt noch Einzelhändler vorhanden sind: bitte Gerechtigkeit schaffen!

Vollsortimenter einschränken auf ihr Kerngeschäft, damit der stationäre Einzelhändler überhaupt eine Chance, seine Kunden eingeschränkt zu behalten und ein Minimum an Einnahmen zu generieren. Damit „der Kleine“ nicht im ohnehin schon schwierigen Marktumfeld noch gänzlichst abgehängt und kaputtgemacht wird.

Ohne ein Handeln der Politik, um ein faires Umfeld zu schaffen, wird es ziemlich düster werden in den Innenstädten und die Diversität wird sterben.

Die Pandemie werden wir hoffentlich überwinden, aber wenn jetzt nicht gehandelt wird, sind die Aussichten auf ein danach nicht gerade rosig und sicherlich nicht das, was man sich wünschen kann!

Mit sorgenvollen Grüßen – Bernhard Brockmann (Stellvertretender Vorsitzender der Harsewinkeler Werbegemeinschaft)