Elmar Brok über Brexit und Zukunft Europas – Politisches Kamingespräch der Senioren Union

Traute Brinkmann vom Vorstand der SU begrüßte mit Elmar Brok ein „politische Schwergewicht der EU“ auf der mit 53 Interessenten gut besuchten Tenne des Heimathauses. Brok startete sogleich mit „seinem eigenen“ Vortrag, natürlich ganz aktuell mit dem „Theater“ um der Brexit und dessen Regisseur Boris Johnson. Den kenne er persönlich seit 35 Jahren. Der sei einer der Teilnehmer des „Five Boys Game“ von ehemaligen Oxford-Studenten (u. a. auch Ex-Premier Cameron), die derzeit Großbritannien in politische Unruhe versetzen, teils nur durch Lügen und Behauptungen. Nach drei Jahren intensiver Verhandlungen hätte die EU 2018 mit der britischen Vorgängerregierung May ein Abkommen mit dem sogen. Backstop vereinbart. Dieses sei im Unterhaus wiederholt bei Abstimmungen durchgefallen. Johnson will derzeit versuchen, ohne Vertrag aus der EU auszuscheiden, so Brok. Seine aktuellen Bemühungen zeigten ein Bild Johnsons, bei dem er durch Gespräche in Brüssel und in Berlin (mit Merkel) ein Bild erzeugen möchte, die Schuld an dem Scheitern eines „Deals“ der EU und hier auch Merkel zuschreiben zu wollen. Brok betonte, die EU dürfe nicht von dem Vertrag abweichen. Er sei überzeugt, dass die Briten in „spätestens“ 10 Jahren, wenn man das selbst verschuldete Desaster vollends begriffen habe, wieder zur EU hinzu stoßen möchte.

Brok verdeutlichte die ökonomische Bedeutung der EU in einer Welt, die von immer mehr national-/istisch geprägten Politikern und Ländern verändert werden soll. Neben Johnson erlebten wir die USA mit einem Präsidenten Trump, der weltweite Verträge aufkündigt mit der Vorgabe, dass alles Handeln ausschließlich seinem Land nutzen dürfe – „America First“. Nach Trumps Äußerungen sollten die Briten sofort den „harten Brexit“ herbeiführen. Neben den USA versucht auch der russische Präsident Putin immer wieder, die EU zu destabilisieren. Putin und Russland befinde sich in einem Machtrausch, sei ökonomisch global dennoch nicht so bedeutsam. Besonders intensiv beleuchtete Brok die weltweit ausgerichteten chinesischen Positionen, machtpolitisch und auch ökonomisch, anhand der „Neuen Seidenstrasse“. Durch ca. 950 Milliarden zinsgünstigster Kredite an die Teilnehmerländer der Seidenstrasse forciere China sein Bemühen. Sollten diese Länder irgendwann die Kredite nicht mehr bedienen können, dann wird China seinen Machtanspruch in den Vordergrund stellen mit dem Ziel der Weltherrschaft. Er, Brok, habe derzeit den Eindruck, dass „die Welt neu verteilt würde“: Auf der einen Seite der so genannte Westen mit den USA und auf der anderen der chinesische Weltanspruch. Brok wörtlich: „Nationalismus führt irgendwann immer in die Katastrophe“.

Brok steht nach wie vor voll und ganz zur EU und deren Zukunft. Diese sei trotz Brexit ein für Erfolgsmodell für alle Teilnehmer. Neben der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung erlebten wir seit mehr als 70 Jahre Frieden in unserer Region. Durch den Brexit müssten nun 2 Milliarden € im EU-Haushalt neu verteilt werden. Deutschlands Beitrag betrage durchschnittlich 13 Milliarden €, eine Summe, die vom Budget für die Bundeswehr um das 3,5-fach übertroffen werde. Die EU habe auch die Weltwirtschaftskrise 2008/9 ohne Pleiten einiger Länder gemeistert. Ziel sollte gerade in dem digitalen Zeitalter auch weiterhin eine Harmonisierung der Steuern sein. Die Steuerpolitik müsse die „europäische“ Besteuerung von Konzernen wie Amazon – Facebook – Google und Apple realisieren. Ein weiteres Augenmerk müsse auf die zu erwartenden gravierenden Änderungen durch die Digitalisierung und die sich abzeichnenden Entwicklungen durch „KI“ (künstliche Intelligenz) liegen.

Im Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit und der Tatsache, dass er am nächsten Morgen bereits um 5.45 Uhr mit dem Zug in Richtung Brüssel reise müsse, beendete Brok seine Ausführung und stellte sich noch einige Fragen. Gefragt nach seiner Zeit „nach dem Ausscheiden aus dem EU-Parlament“, informierte er über sein weiteres Engagement. Es wäre kaum ruhiger geworden. Er sei nach wie vor sehr gefragt in Sachen EU und verbringe weiterhin viel Zeit in Brüssel und Straßburg.  So sei er einer der EU-Verhandlungsführer mit der Ukraine, berate z. Zt. den zukünftigen spanischen EU – Außenbeauftragten im Ausblick auf dessen neue Tätigkeit, tags darauf stehe in Rom der Kongress der Delegierten der EVP an, dessen stellvertr. Vorsitz er innehabe. Stolz zeigte sich Brok über die Privat-Audienz bei Papst Franziskus am Folgetag. Traute Binkmann danke Elmar Brok und überreichte ihm einige Harsewinkeler Spezialitäten.

 

(Text- und Bildquelle: CDU Senioren Union Stadtverband Harsewinkel)